Geschäftsbericht 2015/16 Geschäftsbericht 2015/16
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Reiseströme

Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie zukünftige Reisevorlieben betreffen. Schon oft haben Naturphänomene oder geopolitische Ereignisse die Richtung der Urlauberströme verändert und es nötig gemacht, schnell umzudisponieren. In diesen Momenten zahlt sich aus, dass TUI erfahrene Hotel­einkäufer mit starken Nerven hat. Ein Blick hinter die Kulissen.

Name
Marina Comas
Position
Purchasing Director West Med
Verantwortlich für
den Hoteleinkauf in Spanien (inkl. Balearen und Kanaren), Portugal und Kapverden

Stakkato! Marina Comas Finger fliegen über die Tastatur des Notebooks in ihrem lichtdurchfluteten Büro in Málaga. Die Einkaufsleiterin für das westliche Mittelmeer tippt, denkt und spricht schnell. Sobald sie von ihrer Aufgabe berichtet, trifft das spanische Temperament dabei auf einen klaren, analytischen Blick auf das Hotelgeschäft. Eine Kombination, mit der sie am Verhandlungstisch sicher zu überzeugen weiß. Die Geschwindigkeit kommt dabei nicht von ungefähr. Im vergangenen Geschäftsjahr wurde aus einem leichten Trend eine starke Verschiebung der Reiseströme vom östlichen in das westliche Mittelmeer. Aufgrund aktu­eller geopolitischer Ereignisse änderten die Urlauber ihre Reisevorlieben und zogen Spanien und Portugal – entgegen dem Trend der Vorjahre – der Türkei sowie den nordafrikanischen Destinationen vor. Die Hotelkontingente für die buchungsstarke Sommersaison waren zu diesem Zeitpunkt schon längst unter Dach und Fach. Neben der Vorbereitung für das kommende Reisejahr mussten Marina und ihr Team also in kürzester Zeit weitere Kapazitäten einkaufen, um neue Angebote für die Kunden der TUI zu schaffen.

rs_grafikenwurden in der Region Spanien/Portugal/Kapverden 2016 zusätzlich in dasPortfolio aufgenommen.
rs_grafikenwurden in der Region Spanien/Portugal/Kapverden 2016 zusätzlich in das Portfolio aufgenommen.

„Wir wollten die Ersten sein“

Ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn natürlich sahen nicht nur die TUI-Einkäufer diesen Trend auf sich zukommen, sondern auch die Experten der Wettbewerber. „Wir wollten die Ersten sein“, sagt Marina Comas über ihre ehrgeizige Herangehensweise. „Der Schlüssel zum Erfolg in diesem Geschäftsjahr waren sicherlich unsere Schnelligkeit sowie unsere langjährigen guten Beziehungen zu den Hoteliers.“ Rund 34 Mitarbeiter umfasst ihr Team, das sich auf das spanische Festland, die Ba­learen, Kanaren, Portugal sowie die Kapverden verteilt und vor Ort die Kontakte zu den Partnern pflegt. Neben den guten persönlichen Kontakten ist auch das starke Image der Marke TUI in den verschiedenen Ländern ein Türöffner für Nachverhandlungen. Doch auch trotz dieser guten Voraussetzung ist und bleiben unterjährige Vertragsgespräche stets eine Herausforderung, besonders wenn wie in diesem Jahr rund 500 Hotels zusätzlich in das Portfolio aufgenommen werden. Ein Kraftakt, den die internationalen Kollegen mit einem echten Erfolgserlebnis abschließen konnten. Schließlich war ihre Leistung ein wichtiger Bestandteil bei der Aufgabe, rund 2 Millionen TUI-Gäste in andere Destinationen zu bringen.

Andere Länder, andere Hotelwünsche

Neben den Zusatzkontingenten beschäftigen die Hotel­­einkäufer aber natürlich auch ihre ganz normalen Termine für das Saisongeschäft. Von März bis August werden die Vertragsabschlüsse für den Sommer des kommenden Jahres getätigt. Ausgangspunkt für Marina Comas sind dabei die Briefings aus jedem Markt sowie die Analyse aktueller Hoteltrends und Kundeninteressen. Die zweifache Mutter ist in dieser Zeit viel unterwegs und stellt damit nicht nur bei beruflichen Terminen, sondern auch im Privatleben ihr Zeitmanagement unter Beweis. Auf ein entspanntes Wochenende mit der Familie folgt auch mal eine Dienstreise auf die Kapverden für die generellen Vertragsgespräche mit Riu oder ein Trip nach Frankreich, um mit den französischen Kollegen die abgelaufene Saison zu bewerten und Wachstums­chancen auszuloten. Jeder Markt hat in dieser Phase andere Bedürfnisse und fragt ein individuelles Volumen ab. Großbritannien sucht zum Beispiel vorrangig All-Inclusive-Häuser, bei Gästen aus Deutschland ist Halbpension beliebt, während die nordischen Länder auch Angebote für Selbstversorger brauchen.

Insgesamt 2.200 Hotels hat TUI in der Region Spanien, Portugal und Kapverden unter Vertrag. Darunter fallen nicht nur die eigenen Marken wie Riu, Robinson oder Magic Life, sondern auch Häuser anderer Hoteliers und bekannter Ketten wie Meliá oder Barceló. Marina Comas ist seit 15 Jahren bei TUI und hat bereits unzählige Häuser besucht. Bei ihren „Site Inspections“ achtet sie daher auf Feinheiten, die sich am Markt gut verkaufen lassen. Hat ein All-Inclusive-Hotel auch eine 24-Stunden-Snack-Bar? Gibt es im Familienhotel einen Splash-Pool mit Wasserspielen für Kinder? Welche Mehreinnahmen können durch Swim-up-Zimmer mit direktem Poolzugang generiert werden? Auch ein mög­licher Renovierungsbedarf der Hotels landet auf ihrer Liste und wird zum Gegenstand der Verhandlungen.

»Der Service macht den Unterschied. Eine schöne Hotelanlage kannst du vielerorts haben, aber der Service ist entscheidend.«
»Der Service macht den Unterschied. Eine schöne Hotelanlage kannst du vielerorts haben, aber der Service ist entscheidend.«

TUI-Hotelmarken als Verkaufsgaranten

Mit einem Blick auf ihre Zahlen bestätigt Marina Comas zudem den eingeschlagenen Weg der TUI-Hotelmarkenstrategie: „Jedes Mal, wenn wir ein Haus der vier TUI-­­Kernmarken oder der drei Hotelkonzepte eröffnen, sehen wir gute Buchungszahlen.“ Durch die hohe Zahl etablierter Hotelmarken ist die Expansion im spanischen Raum nicht immer einfach, aber sie schreitet dennoch kontinuierlich voran. Marina und ihr Team unterstützen dabei nach Kräften im Bereich Hotel-Scouting. „Meine Mitarbeiter haben die besten Kontakte zu den Hoteliers. Will jemand sein Konzept ändern, sehen wir schnell, ob das entsprechende Haus die Kriterien und Standards unserer eigenen Marken erfüllt, und können entsprechend vermitteln.“ Schnelligkeit, die sich auszahlt, nicht nur in Spanien.

Insgesamt 2.200 Hotels hat TUI in der Region Spanien, Portugal und Kapverden unter Vertrag. Die traditionsreiche Kernmarke Riu stellt davon allein 36 Häuser.
Marina Comas ist als Einkaufsleiterin für das westliche Mittelmeer viel unterwegs. Ihre Basis ist jedoch das Büro in Málaga, das sich die Einkäufer mit dem Destination Service teilen.
Meetings in Málaga finden meist in kleiner Runde statt. Die rund 30 Mitarbeiter aus Marinas Team verteilen sich auf das spanische Festland, die Balearen, Kanaren, Portugal sowie die Kapverden.
Durch die Verschiebung der Urlauberströme mussten Marina und ihr Team für den Sommer 2016 rund 500 zusätzliche Hotels in das Portfolio aufnehmen.
Zweimal jährlich führt Marina Comas die generellen Vertragsverhandlungen mit RIU für die Sommer- bzw. Wintersaison. Meist geht es dazu auf die Kapverden, wo die Vertriebspartner ihr Büro haben.  
Aber auch unterjährig tauschen sich die Partner immer wieder über Neuigkeiten aus. So auch Marina Comas – hier im Gespräch mit Jenny Dorai Jaume, Sales Managerin bei Riu.
Eine gute Lage und exzellenter Service machen den Unterschied bei der Wahl eines Urlaubshotels.
Bei neuen Hotels und Umbauprojekten achtet Marina auf Feinheiten, die verkaufsfördernd sind: Gibt es Swim-up-Rooms oder eine 24-Stunden-Snackbar im Rahmen des All-Inclusive-Konzepts?
Die guten und langjährigen Beziehungen zu den Hoteliers sind der Schlüssel zum Erfolg der Hoteleinkäufer.  
In der Region Málaga werden für den kommenden Sommer zwei Riu Hotels zu einer großen familienfreundlichen Anlage zusammengelegt. Marina Comas bekommt einen exklusiven Einblick in die Baupläne.
Der Handgriff sitzt: Bei ihren Hotelbesichtigungen prüft Marina Comas auch die Bettenqualität für die künftigen TUI-Kunden.
Bei den Marken TUI Sensimar, Sensatori oder Family Life setzen die Partner klar definierte Hotelkonzepte der TUI um – mit Erfolg, wie die Hoteleinkäufer mit einem Blick auf die Buchungszahlen bestätigen.
„Wir hatten eine sehr gute Saison“, General Manager J. Miguel Bordera Francés ist äußerst zufrieden mit der ersten Saison seines Hauses als TUI Sensimar Riviera.

5 fragen an

Name
Garry Wilson
Position
Managing Director Produkt & Hoteleinkauf
Verantwortlich für
den weltweiten Einkauf und die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern der TUI Group

»Unser Team hat dieses Jahr bei der Neuverhandlung der
Verträge tolle Arbeit geleistet. Der Schlüssel zu diesem Erfolg
sind unsere Beziehungen mit den Geschäftspartnern.«

Garry, worin bestehen die wichtigsten Aktivitäten des Bereichs Produkt & Hoteleinkauf?

Garry Wilson: TUI Group Produkt & Hoteleinkauf geht auf die ehemaligen Hoteleinkäufer-Teams der Quellmärkte zurück. Ziel war es, die Größe und Expertise der TUI Group für alle Märkte zu nutzen. Wir konzentrieren uns darauf, Synergien und Wachstumschancen zu identifizieren und auf dieser Grundlage Strategien für TUI-Destinationen zu entwickeln. Wir buchen Hotelkontingente für vierzehn Märkte – TUI Region Zentral, Region Nord und Region West – und haben differenzierte Hotelkonzepte mit internationaler Strahlkraft entwickelt. Die Kapazitätsplanung erfolgt in den jeweiligen Märkten, aber bei den anschließenden Verhandlungen mit den Lieferanten vertritt unser Team die Sicht des Konzerns. Das Einkäuferteam arbeitet eng mit den Produktteams der Quellmärkte zusammen, um ihre Bedürfnisse zu verstehen und entsprechend umzusetzen. Das Team ist global in den Destinationen und in den Quellmärkten tätig. Innerhalb unserer Branche gelten unsere Mit­arbeiter als Experten in ihrem Bereich. Und wir versuchen natürlich, die besten Talente für unser Unternehmen zu gewinnen.

Ägypten, Tunesien und die Türkei verzeichneten im letzten Jahr massive Einbrüche. Wie flexibel müssen Sie im Hoteleinkauf sein, um kurzfristig auf Änderungen reagieren zu können?

Unser Team hat die Herausforderungen wirklich großartig gemeistert. Es hat umgehend reagiert, um unsere Risiken bei Garantien und Anzahlungen zu reduzieren, und bestehende Verträge neu verhandelt. Dadurch konnten wir Kapazitäten aus einigen Destinationen in beliebtere Urlaubsorte verlagern. Dies war ein anschauliches Beispiel für die wichtige Rolle, die Produkt & Hoteleinkauf für das Unternehmen spielt. Zugleich zeigte sich hier die Bedeutung der Flexibilität unserer Verträge. Der Schlüssel zu diesem Erfolg ist aber unsere Beziehung zu unseren Lieferanten. Mit einigen arbeiten wir bereits seit mehr als fünfzig Jahren zusammen und haben einander als Partner in guten wie in schlechten Zeiten die Treue gehalten.

Welche Destinationen haben von den Veränderungen im GJ 15/16 profitiert? Wie haben Sie im Hoteleinkauf auf die Veränderungen der Reiseströme reagiert?

Spanien, Portugal, Italien, Kroatien und einige Lang­­strecken­­­destinationen haben von diesen Entwicklungen profitiert, weil wir Kapazitäten aus den betroffenen Regionen umgeschichtet haben. In diesen Destinationen stand unser Team vor großen Herausforderungen: Es musste unsere bereits gebuchten Kontingente aufstocken und weitere Kapazitäten einkaufen. Zugleich galt es, bestehende Hotelkontingente mit Unterstützung unserer Hotelpartner zu schützen.

Wie bewerten Sie den Trend zu Privatunterkünften (z. B. Airbnb)?

Differenzierte Produkte, Service und Qualität der Unterkünfte sind unser wichtigster Wettbewerbs­­vorteil gegenüber den Anbietern von Privatunter­künften. Während Privatunterkünfte bei kurzen Städtereisen große Zuwächse verzeichnen, sind Sicherheit und Service bei der organisierten Reise weiterhin ausschlag­gebende Faktoren für den Familienurlaub als Haupt­urlaub des Jahres.

Welche Trends erwarten Sie für die nächsten Jahre?

Wir konzentrieren uns weiterhin auf unsere besondere Stärke – innovative, differenzierte Produkte in einem internationalen Rahmen zu schaffen. Unser Hauptaugenmerk sollte daher auf weiterem Wachstum unserer Kern-Hotelmarken und -konzepte in aller Welt liegen. Daneben sollten wir uns auf neue Entwicklungen wie Multicentres (Urlaub mit mehreren Reiseetappen), Rundfahrten usw. konzentrieren.

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Urlaub rundum sorglos – unterwegs mit Lea, Alex und dem TUI Smile.
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